Zoe Coi befasst sich mit der Rolle der Frau über Frauenporträts.
Ihre Darstellungen zeigen auf Oberkörper reduzierte Figuren oder nur bis zu den Unterschenkeln angeschnittene Stand- oder Sitzhaltungen. Sie sind ausgeführt in Collagefragmentierungen von Flächen und Linien, die an verschiedene historische Vorbildtechniken vom Impressionismus bis zum Kubismus angelehnt scheinen.

Die lineare Konturierung von Körperpartien und die Körperbegrenzung mag aus der Ausbildung resultieren, die sie an der Fachschule für Mode und Schnitttechnik in Düsseldorf gemacht hat. Elemente der Figurenanlage sind zeichnerisch der Modezeichnung nah, die dem Schnitt der Kleidung mehr Aufmerksamkeit widmet, als der detaillierten Ausführung von Haut, Anatomie oder Gesicht. Zumindest handelt es sich nicht um illusionistisch fotorealistische Darstellungen.
Die Fragmentierung gibt den Arbeiten eine gewisse Allgemeinheit und Überzeitlichkeit. Zeitbezug drückt sich in den Vergangenheit suggerierenden Elementen, in der freskenhaften Maloberfläche und den historisch verorteten Haltungen, Frisuren und Kleidern aus, Gegenwart aber an der Farbigkeit und der informellen Bearbeitung der Bilder mit Fingern, Spachteln und Lappen, statt mit Pinseln.
Die teils abgewetzt wirkenden Flächenelemente der Arbeiten binden die Personen in den Bildhintergrund verschränkend ein, sodass sie ortlos und zeichenhaft wirken.

Die Ahnung einer schmalen Bühnenkulisse wird meist noch durchbrochen durch Farbverfachungen, die durch die Figuren laufen. Eingebettet in Zufallsstrukturen, die durch Hinzufügungen, Abschaben, wegwischen und Ergänzen entstehen, bilden die farbigen Schollen und Linien ein freies Gefüge, in dem Form und Farbe dasselbe Gewicht besitzen, wie das Motiv des Frauenkörpers. Die Mimik ist zeichnerisch angedeutet. Mitunter ist ein Cello eingewoben bzw.  Handschuhe, Halstücher oder Buchstaben werden hervorgehoben. Das freie Miteinander der Andeutungen betont in der abstrahierenden Reduktion die innere Empfindung der Person, die in Mimik und Haltung und vor Allem der Farbigkeit zum Ausdruck kommt.
Manchmal segmentieren sich Körperpartien, manchmal entsteht eine marionettenhafte Wirkung oder eine gesittete Anspannung der Haltung, die in verschiedener Weise Unfreiheit zum Ausdruck bringen, beziehungsweise eine Empfindungslage, die nicht zum Ausdruck kommen kann und unter der Oberfläche schlummert. Da finden sich Sinnlichkeit, Verzweiflung, Machtbewusstsein, Eitelkeit, Anmutigkeit, selbstbewusster Trotz und Einsamkeit.
Durch den Blick und die Ausführung von heute befreit Zoe Coi diese überlieferten Vorbilder mittels der explodierenden Farbe, die unter der zu Schollen zerberstenden Oberfläche hervortritt. Die Farbkombinationen bleiben in einer Hauptstimmungslage, sind aber immer von ausbrechenden punktuellen Farbvarianten begleitet, die abweichen, aber nicht komplementären Kontrast suchen, sondern lebhafte Optionen und Oppositionen bieten. Es sind starke oder auf sich konzentrierte, offene und geschlossene Augen, die das Zentrum dieser malerischen Umfelder bilden, die je nach Haltung und Emotionalität in verschiedenen Farbnuancen ausgeprägt sind.
Mal feurig rot, mal lebensfroh gelb, mal enttäuscht bis bedrückt in fahlen grau durchmischten Farbwerten. Die heftigen Strukturen, die gepeitscht gespachtelten Umrisse, die Binnenstrukturen machen ein gesellschaftlich und emotional Einfluss nehmendes Umfeld aus den die Köpfe umgebenden Farbfeldern. Zugleich aber ist nicht allein erduldendes Eingebundensein sichtbar, sondern auch aktives Mitbeeinflussen in der Durchdringung, der nie rhythmisch oder ornamental werdenden Konstruktion und Komposition der Maloberfläche, die entrückt und direkt zugleich die Betrachtenden berührt. In den jüngeren Arbeiten werden diese Porträts ergänzt durch zartfiligrane Libellen, die lebendige Freiheit als persönliches Symbol zum Ausdruck bringen.
Eine eigenständige Auseinandersetzung mit den Frauenbildern der Moderne von Impressionismus über Picasso bis zu Dalis Schubladen in weiblichen Körpern findet hier empfindsam und widerständig statt.

Dr. Dirk Tölke

Dissected Images of Women (written by Dr. Dirk Tölke, art historian).

Zoe Coi deals with the role of women through portraits of women.

Her depictions show figures reduced to upper bodies or standing or sitting postures cut only to the lower legs. They are executed in collage fragmentations of planes and lines that seem to borrow from various historical model techniques from Impressionism to Cubism.

The linear contouring of body parts and the body delimitation may result from the training she received at the Fachschule für Mode und Schnitttechnik in Düsseldorf. Elements of the figure layout are close in drawing to fashion drawing, which pays more attention to the cut of clothing than to the detailed execution of skin, anatomy, or face. At least they are not illusionistically photorealistic representations.

The fragmentation gives the works a certain generality and supertemporality. The reference to time is expressed in the elements suggesting the past, in the fresco-like painting surface and the historically located postures, hairstyles, and dresses, but present in the colorfulness and the informal treatment of the pictures with fingers, spatulas, and rags instead of brushes.

The surface elements of the works, some of which appear scuffed, integrate the people into the background of the picture in an interlocking manner, so that they appear placeless and symbolic.

The hint of a narrow stage backdrop is usually broken up by color multiplications that run through the figures. Embedded in random structures created by additions, scrapings, wipings away and additions, the colored clods and lines form a free structure in which form and color have the same weight as the motif of the woman's body. The facial expressions are indicated by drawings. Sometimes a cello is woven in, or gloves, scarves or letters are emphasized. The free interaction of the hints in the abstracting reduction emphasizes the inner feeling of the person, which is expressed in facial expression and posture and above all in the colorfulness.

Sometimes parts of the body are segmented, sometimes a marionette-like effect is created, or a well-behaved tension in the posture, which in various ways express a lack of freedom, or a state of feeling that cannot be expressed and lies dormant beneath the surface. There are sensuality, despair, power-consciousness, vanity, gracefulness, self-confident defiance and loneliness.

Through the gaze and execution of today, Zoe Coi liberates these ancestral models by means of the exploding color that emerges from beneath the surface bursting into clods. The color combinations remain in one main mood, but are always accompanied by erupting punctual color variations that diverge, but do not seek complementary contrast, but offer vivid options and oppositions. It is strong eyes or eyes focused on themselves, open and closed, that form the center of these painterly environments, which are expressed in different shades of color depending on the attitude and emotionality.

Sometimes fiery red, sometimes lively yellow, sometimes disappointed to depressed in pale gray intermixed color values. The fierce structures, the whipped outlines, the internal structures make a socially and emotionally influential environment out of the color fields surrounding the heads. At the same time, however, it is not only the enduring involvement that is visible, but also an active influence in the penetration, the never rhythmic or ornamental construction and composition of the painting surface, which touches the viewer in a way that is both enraptured and direct at the same time. In the more recent works, these portraits are complemented by delicate dragonflies that express living freedom as a personal symbol.

An independent examination of the female images of modernism from Impressionism to Picasso to Dali's drawers in female bodies takes place here sensitively and resistively.

Dr. Dirk Tölke

Essay 2025

Zoe Coi thematisiert Frauenporträts unter Verwendung historischer Vorbilder, die als Versatzstücke in ihren collagehaften Halbfiguren und Büsten den Bildraum bestimmen, der ansonsten von Schrift- und Farbfragmenten überlagert und unterlegt ist. Selbstbewußt, aber isoliert schauen die Frauen entrückt in eine mögliche Zukunft. Die Verletztheit der Oberfläche steht für ihre Beeinträchtigungen. In „Labyrinth of Thoughts“ erscheint die Frauenfigur in einem aggressiv männlichem orangem Machtumfeld phallischer Natur, streng, schön, sanftmütig, in adrette Kleidung gewandet, die Hände etwas gebunden, aber friedfertig. In dem Werk „Dream in Dust“ von 2025, in dem der Traum im Hintergrund als englisches Schriftbild auftaucht, ist dieser der herrisch zielbewußten Frau nicht verlorengegangen, die sich durch einen Schleier aus Verlusten, Farbstreifenbedrängungen hindurcharbeitetet. Wie in einem verblasenden Fresko oder einem Plakatabriss wetzen Überlagerungen und Formfragmente an der Erscheinung der willensstarken Frau. 

In der inzwischen lasurhaften Malweise durchdringen sich die Ebenen und fügen sich nicht zu Wirklichkeit, sondern zu Gedankenwelt, Erinnerung und Traum zusammen. Der freundlich fahle Farbton und die historischen Bezüge lassen nostalgische Gefühle aufkommen, neigen sich der Melancholie zu und der Enttäuschung. Die rosa und blaue Phase von Picasso klingen da gemischt an. Ein ermüdet sehnsuchtsvoller Blick trifft in „Ichtys“ von 2025 die Betrachtenden überlagert von einem Fisch, der nicht gänzlich frei im Wasser schwimmt, sondern an einer Gängelleine hängt. Im Hintergrund unterstützt die Brücke an einem städtischen Fluss die Verlorenheit der mit Symbolassoziationen aufgeladenen Szene. In „The Bride“ ist die Zwangslage von Frauen durch Kleidungsstücke kombiniert: Haushaltshandschuhe, Korsett und Brautschleier kombiniert mit aufreizenden Brüsten und nackter Scham, um die Anforderungen eines männlichen Begehrens und Besitzdenkens auszudrücken. Zoe Coi kommt aus der Mode und einer Ausbildung als Modezeichnerin zur Malerei. Farbflächen markieren die aussagekräftigen Partien des ansonsten in den aus Spachtelflächen erwirkten neutralen Landschaftshintergrund eingebetteten Körpers. Diese Einbettung nimmt in ihren neuesten Arbeiten plastische Wirkung durch Zementapplikationen ein. Vergangenheit taucht in der verletzlich traurigen Mädchengestalt auf. Dazu passt die Zeitungsnotiz mit dem Jahr 1970 im Untergrund. Haut und Wasser, Rosa und Blau auch hier, mit der Grundfarbe gelb zum fahlen Akkord zusammengefügt. Man könnte auch vermuten, der Farbkokon der Maloberfläche platzt zumindest auf und der Freiraum vergrößert sich. Das gilt auch für die Schichtungen der anderen Werke, die in Spachteltechnik, mit Fingern und Lappen einen freien informellen Farbraum schaffen, der die Komplexität der Emotionen trägt.

Dr. Dirk Tölke (2025)

Zoe Coi explores female portraiture through the use of historical references, which appear as fragments in her collage-like half-figures and busts. These elements anchor the pictorial space, while layers of text and color overlap and permeate it. The women look self-assured yet isolated, gazing distantly into a possible future. The vulnerability of the surface reflects their wounds and impairments.

In “Labyrinth of Thoughts”, the female figure appears within an aggressively masculine, orange power environment of phallic character. She stands strict, beautiful, gentle, dressed neatly; her hands somewhat restrained, yet peaceful. In the work “Dream in Dust” from 2025, the dream appears in the background as English lettering. It is not lost to the assertive, determined woman, who works her way through a veil of loss and encroaching color bands. Like a fading fresco or a torn poster, layers and fragmented forms scrape against the appearance of this strong-willed woman.

In her now translucent, glaze-like technique, the layers interpenetrate each other and merge not into reality, but into realms of thought, memory and dream. The softly pale tones and historical references evoke nostalgia, tending toward melancholy and disappointment. Hints of Picasso’s Rose and Blue Periods resonate in this mix. An exhausted, yearning gaze meets the viewer in “Ichtys” from 2025, overlaid by a fish that does not swim freely in water but hangs from a guiding line. In the background, a bridge over an urban river enhances the sense of forlornness within this symbol-laden scene.

In “The Bride”, the predicament of women is expressed through a combination of garments: household gloves, corset and bridal veil, juxtaposed with provocative breasts and exposed genitals, alluding to the demands of male desire and notions of possession.

Coming from fashion and a training as a fashion illustrator, Zoe Coi approaches painting with an eye for form and surface. Color fields mark the significant parts of the body, which is otherwise embedded into a neutral landscape background created through spatula techniques. In her latest works, this embedding takes on a sculptural quality through the use of cement applications. The past emerges in the vulnerable, sorrowful girl figure. A newspaper clipping from 1970 fits this atmosphere in the underlayer. Skin and water, pink and blue, combined with yellow as the base tone create a pale, subdued harmony. One might assume that the color cocoon of the painted surface is at least beginning to crack open, expanding the sense of space.

This also applies to the layered structures of the other works, which—in spatula technique, with fingers and cloth—create a free, informal color space that carries the complexity of emotions.

Dr. Dirk Tölke (2025)


Zerlegte Frauenbilder (geschrieben von Dr. Dirk Tölke, Kunsthistoriker)